20.10.2009 - Zum Tod von Arthur Poznanski
Bis zuletzt hatte er sich für die Erinnerung eingesetzt, nahm an Diskussionen teil, hielt Vorträge über seine Zeit im Ghetto im besetzten Polen, über die Konzentrationslager, die er durchlief. Als Überlebender und Zeitzeuge der NS-Verbrechen war es ihm wichtig, sich einzubringen. Mitzuwirken, um die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.
Geboren 1927 als Artek Poznanzki im polnischen Prazska und aufgewachsen in einer jüdischen bildungsbürgerlichen Familie, geriet er schon bald nach dem Einfall der Wehrmacht 1939 in Unfreiheit. Nur wenige Wochen nach der Besetzung Polens wurde Arthur Poznanski mit seiner Familie ins „kleine“ Ghetto von Piotrkow eingesperrt. Im Oktober 1942 wurden seine Eltern und sein jüngster Bruder nach Auschwitz deportiert und umgebracht. Da war Arthur Poznanski noch keine 15 Jahre alt.
Fortan galt es nun auch das Überleben seines zweiten, jüngeren Bruders Jerzyk zu sichern, um den er sich ab sofort allein kümmerte. Zur Zwangsarbeit verpflichtet, schuftete er in zwei Glasfabriken nahe des Ghettos. Später wurde er einem Kommando zugeteilt, welches die Wohnungen deportierter Juden räumte. Danach wurde er Arbeitshäftling des Leipziger Rüstungskonzerns HASAG in Polen.
Ende 1944 gelangte Arthur Poznanski zunächst in das Konzentrationslager Buchenwald, kurz darauf in das Außenlager Schlieben. Im Februar 1945 erfolgte schließlich der Transport nach Flößberg. Auf dem Evakuierungstransport der Häftlinge nach Mauthausen, entschloss er sich zur Flucht. Beim Abspringen vom Waggon wurde er angeschossen. Er überlebte schwer verletzt, weil ihn rechtzeitig tschechische Partisanen fanden und versteckten.
Arthur Poznanski studierte nach dem Krieg in England Gesang und wurde professioneller Opernsänger. Später übernahm er einen Synagogenchor, den er bis zuletzt leitete. Für sein zivilgesellschaftliches Engagement in der jüdischen Gemeinde wurde er von der Stadt Ilford ausgezeichnet.
Wenn er von seinen Jahren im Lager erzählte, dann immer verbunden mit dem Blick auf die Zukunft. Mit seinem Engagement wollte er vor allem mahnen. Was er erlebt hatte, sollte sich nicht wieder in der Geschichte wiederholen.
Als die Geschichtswerkstatt Flößberg im Jahr 2007 mit ihm Kontakt aufnahm, gab Arthur Poznanski ohne Zögern Auskunft zu unseren Fragen über das Lager in Flößberg, hakte selbst nach, war erfreut über das hiesige Engagement. Mit großem Interesse verfolgte er die Arbeit der Geschichtswerkstatt bezüglich der Errichtung einer würdigen Gedenkstätte in Flößberg, unterstützte unser Anliegen, schrieb Grußworte anlässlich des Holocaust-Gedenktages und für die Publikation der Landschaftsinstallationen. Auch als sich sein Gesundheitszustand bereits verschlechtert hatte, informierte er sich noch immer in Telefonaten über die Entwicklungen vor Ort.
Wie
erst jetzt bekannt wurde, ist Arthur Poznanski bereits im August im
Alter von 81 Jahren gestorben. Mit seinem Tod verliert die
Geschichtswerkstatt
Flößberg einen wichtigen Zeitzeugen - und einen Freund.