Aktuell
23.07.2009 - Geschichtswerkstatt Flößberg spricht sich klar gegen Umbettungspläne aus
Schon seit Jahren hat die Geschichtswerkstatt Flößberg auf die Dringlichkeit der Sanierung des Flößberger Häftlingsfriedhofs hingewiesen.Doch anstatt den einzigen Gedenkort vor Ort zu erhalten, soll nun umgebettet werden. Die Geschichtswerkstatt hat sich klar dagegen positioniert und dies in einer schriftlichen Stellungnahme der Stadtverwaltung Frohburg mitgeteilt. Es sind vor allem drei wichtige Gründe, die aus unserer Sicht klar gegen eine Umbettung sprechen:
Gründe für die Ablehnung der Umbettung der Flößberger KZ-Opfer
1.Massive und ethisch nicht zu rechtfertigende Störung der Totenruhe
Durch eine mögliche Umbettung würde die Totenruhe der Opfer von Flößberg massiv und ohne jede ethische Rechtfertigung gestört. Die Häftlinge haben bereits zu Lebzeiten Unmenschliches erfahren müssen, nun sollen sie auf dem Friedhof im Flößberger Wald ihre letzte Ruhe finden.
Die Umbettung der Flößberger Opfer wird im Schreiben der Landesdirektion Chemnitz ausschließlich mit dem Hinweis auf die knappen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des Freistaats sowie auf die hohen finanziellen Aufwendungen, die mit einer Sanierung des Flößberger Häftlingsfriedhofs verbunden sind, begründet.
Wir halten diese Argumentation für ethisch nicht vertretbar. Das ökonomische Argument einer finanziellen Kosteneinsparung rechtfertigt nicht den Eingriff in das Recht auf Totenruhe. Es erscheint uns zudem höchst bedenklich und historisch unsensibel, wenn erneut eine deutsche Behörde in die Rechte von Opfern des Holocausts einzugreifen sucht.
2.Verlust des authentischen und zentralen Gedenkortes in Flößberg
Wir sehen in der Umbettung des Weiteren die Gefahr, dass das Lager als solches längerfristig wieder in Vergessenheit geraten würde. Mit einer Umbettung würde einer der wichtigsten und authentischsten Bezugspunkte des ehemaligen Außenlagers für immer verloren gehen. Bereits jetzt sind nur noch wenige Spuren vor Ort zu finden. Die Schließung des Häftlingsfriedhofs würde den unwiederbringlichen Verlust eines noch sichtbaren Hinweises auf das ehemalige KZ bedeuten. Das künftige Erinnern vor Ort würde massiv gefährdet werden.
Die Entwürfe der Leipziger Architekturstudenten für eine neue Gedenkstätte sind dazu gedacht, auf das ehemalige Lager aufmerksam zu machen, sich mit der Geschichte dieses authentischen Ortes von NS-Verbrechen zu beschäftigen. Dabei entstanden sie unter der Voraussetzung, dass der Friedhof als zentraler Ort des Gedenkens in Flößberg erhalten bleiben sollte. Der Häftlingsfriedhof wurde seit 1946 als zentraler Gedenkort in Flößberg genutzt und als solcher stets wahrgenommen. Erst nach 1990 und nicht zuletzt durch Versäumnisse des zuständigen Landesamtes für Familie und Soziales geriet der Häftlingsfriedhof zunehmend zum Sanierungsfall.
Auch wenn der Friedhof sich zur Zeit in keinem würdigen Zustand präsentiert, so ist er noch immer der Ort, an dem der Toten gedacht werden kann und sollte. Er ist der historisch gewachsene Gedenkort in Flößberg, der durch eine Umbettung der KZ-Opfer gänzlich verloren gehen würde.
3.Hinfälligwerden des bisherigen Gedenkstättenkonzeptes
Wir sehen die langjährige, gemeinsam mit der Gemeinde Eulatal entwickelte und nunmehr mit der Stadt Frohburg fortgesetzte Arbeit an einer angemessenen Gedenkstättenkonzeption in Flößberg durch die Umbettungspläne gefährdet
Durch die Kooperation mit der HTWK Leipzig liegen Entwürfe für ein zeitgemäßes und würdiges Erinnern in Flößberg vor. Es handelt sich dabei um Landschaftsinstallationen, die wichtige Punkte des ehemaligen Lagers auffällig gestalten. Durch diese architektonische Markierung wird das Lager wieder erfahrbar, hebt es aus der Vergessenheit, lädt zur Beschäftigung mit der Geschichte dieses authentischen Ortes ein.
Die entworfenen Landschaftsinstallationen sind jedoch weder dazu gedacht noch dazu geeignet, als Orte von Gedenkveranstaltungen oder des stillen Gedenken zu fungieren. Es sind Landschaftsinstallationen, die zum Nachdenken anregen sollen. Sie entstanden unter dem Vorzeichen des Erhalts und der Sanierung des Häftlingsfriedhofs als historisch gewachsenen Gedenkort. Geht dieser wichtige Gedenkort durch eine Umbettung verloren, würde somit auch die geplante Gedenkstättenkonzeption hinfällig.
Nichtberücksichtigung unserer Bedenken durch den Stadtrat Frohburg
Bürgermeister Hiensch und die Frohburger Stadträte haben auf der Stadtratssitzung vom 23.07.2009 unsere Bedenken leichtfertig beiseite geschoben und mehrheitlich für eine Umbettung der Flößberger KZ-Opfer votiert. Die Geschichtswerkstatt Flößberg sieht dies als klaren Vertrauensbruch in der Zusammenarbeit zwischen Stadt und Verein bezüglich der Realisierung einer angemessenen Gedenkstätte. Die Geschichtswerkstatt hat daher die Zusammenarbeit mit der Stadt beenden müssen.
Stadt Frohburg in der Pflicht
Die Geschichtswerkstatt Flößberg zieht sich nicht aus der Verantwortung, im Gegenteil. Wir haben die Erinnerung an das KZ-Außenlager Flößberg in unserer Satzung stehen und werden dies auch künftig tun, jedoch auf andere angemessene Weise. Wir werden unsere Erinnerungsarbeit neu ausrichten. Dabei werden wir wieder verstärkt dokumentarisch arbeiten. Dies schließt selbstverständlich die Dokumentation der Aktivitäten der Stadtverwaltung ein.
Mit ihrer Zustimmung zur Umbettung der KZ-Opfer und dem damit verbundenen Verlust des einzigen Gedenkortes vor Ort sehen wir die Stadt Frohburg um so mehr in der Pflicht, sich um ein angemessenes Erinnern vor Ort zu kümmern. Eine Verantwortung der Stadt Frohburg sehen wir nicht nur in der Schaffung eines würdigen Gedenkortes, sondern auch in der Veranstaltung angemessener jährlicher Gedenkveranstaltungen, wie sie in Orten mit ehemaligen Konzentrationslagern üblich sind.
Siehe auch: öffentliche Stellungnahme des Vereins zur Umbettungsentscheidung der Stadt Frohburg
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