15.07.2010 - Presseerklärung des Runden Tisches zur Bewahrung des Gedenkortes Flößberg
In Frohburg – Ortsteil Flößberg existierte zwischen November 1944 und April 1945 ein Außenlager des KZ Buchenwald. Dieses KZ-Außenlager stellt einen der Hauptschauplätze nationalsozialistischer Verbrechen im Landkreis Leipzig dar. An keinem anderen Ort im Landkreis fielen mehr Menschen der menschenverachtenden Rassenideologie des NS-Regimes zum Opfer. Wichtigstes authentisches Zeugnis des Lagers stellt der Häftlingsfriedhof mit 38 jüdischen Einzelgräbern dar. Diese sollen nach einem Vorschlag der Landesdirektion Chemnitz umgebettet werden.
Zur Zeit läuft noch die Anhörung der Träger öffentlicher Belange durch die Landesdirektion Chemnitz. Eine Entscheidung hat die Landesdirektion Chemnitz noch nicht getroffen. Jedoch hat sich mittlerweile der Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden in Übereinstimmung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland schriftlich gegen eine Umbettung ausgesprochen, da nach jüdisch-orthodoxem Ritus eine Umbettung von jüdischen Opfern aus religiösen Gründen grundsätzlich ausgeschlossen ist.
Dadurch ist nun eine neue Sachlage gegeben. Im Ergebnis der Stellungnahme des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden formierte sich in unserem Landkreis ein Runder Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern von Vereinen, Kirche und Parteien (CDU, SPD, DIE LINKE). Die Vertreterinnen und Vertreter des Runden Tisches sehen, in Anbetracht des aktuellen Zustandes des Friedhofes und der möglichen Zustimmung einer Umbettung gegen den erklärten Willen des Landesverbandes des Jüdischen Gemeinde, in dieser Angelegenheit eine hohe Brisanz. Es besteht die Gefahr eines Image-Schadens für den gesamten Landkreis, da die mögliche Umbettung mittlerweile überregional das Interesse auf sich zieht. Bundesweit lehnen Gedenkinitiativen die Umbettung ab. Auch die Evangelisch-Lutherische Kirche setzt sich für den Erhalt des Häftlingsfriedhofs ein.
Der Häftlingsfriedhof unterliegt dem Kriegsgräbergesetz*, welches eine der Umgebung angepasste, schlichte, einfache und würdige Gestaltung vorsieht. Diesen Ansprüchen wird der momentane Zustand des Friedhofes nicht gerecht. Insofern erwarten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches schnellstmöglich eine würdige Gestaltung des Friedhofes.
Die Vertreterinnen und Vertreter des Rundes Tisches bekunden ihre konstruktive Gesprächsbereitschaft, um gemeinsam Lösungen für ein würdiges Gedenken am Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers in Flößberg zu finden. Gemeinsam mit der Stadt Frohburg als Sitzgemeinde, dem Landkreis Leipzig als Rechtsaufsichtsbehörde, der Landesdirektion Chemnitz als zuständiger Landesbehörde, dem Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. sollten Lösungsmöglichkeiten gefunden werden, die in Flößberg ein würdiges Gedenken an die jüdischen Opfer der NS-Herrschaft ermöglichen. Zudem ist der Denkmalschutz einzubeziehen, da der Friedhof vom Denkmalschutz als Mahn- und Gedenkstätte eingestuft ist. Auch die Meinung des Forstamts ist gefragt, da sich der Häftlingsfriedhof im Flößberger Wald (Großes Fürstenholz) befindet.
Sanierungs- und Pflegemaßnahmen werden auf der Grundlage des Kriegsgräbergesetzes zu 100 Prozent vom Bund getragen. Die Vorgaben des Gräbergesetzes sollten es mit geringem finanziellen Aufwand möglich machen, den Friedhof in einen würdigen Zustand zu versetzen. Die Forstwege, die sich im Eigentum des Freistaates Sachsen befinden, garantieren eine öffentliche Zugänglichkeit des Friedhofes.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches erklären hiermit ihre Gesprächsbereitschaft, um den seit Jahren vernachlässigten Friedhof in einen würdigen Zustand zu versetzen. Dieses Anliegen, welches aus unserer Sicht von überregionalem Interesse ist, wird überparteilich getragen werden.
* VwV Gräbergesetz § 2 (3): „Geschlossene Begräbnisstätten sind so anzulegen, dass die Ruhe der Toten nicht gestört wird. ... Sie sollen würdig, schlicht und in sich einheitlich gestaltet, die Bepflanzung soll dem Landschaftscharakter angepasst sein.“; § 2 (4): „Zu geschlossenen Begräbnisstätten gehören eine schützende Umfriedung, Wege und eine angemessene, einfache Ausgestaltung.“; § 2 (7): „Die Gräber einschließlich der Grabzeichen und Bepflanzung sind in einem gepflegten Zustand zu erhalten.“
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches zur Bewahrung des Gedenkortes Flößberg:
Katharina Landgraf – Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU)
Petra Köpping – Mitglied des Sächsischen Landtages (SPD)
Heike Werner – Mitglied des Sächsischen Landtages (DIE LINKE)
Enrico Stange – Mitglied des Sächsischen Landtages (DIE LINKE)
Fritz-Dieter Mittenzwei – Fraktionsvorsitzender CDU im Kreistag
Karsten Schütze – Fraktionsvorsitzender SPD/Grüne im Kreistag
Eberhard Schneidenbach – Stadtrat Frohburg
Matthias Weismann – Superintendent des Kirchenbezirks Leipziger Land
Claudia Wolf – Pfarrerin der Ev.-Luth. Kirchgemeinde Borna
Manuela Krause – Ev.-Luth. Kirchgemeinde Borna
Solvejg Höppner – Kulturbüro Sachsen e. V.
Franz Hammer – Kulturbüro Sachsen e. V.
Thomas Bergner – Geschichtsverein Borna e. V.
Katrin Henzel – Geschichtswerkstatt Flößberg e. V.
Stefan Walter – Geschichtswerkstatt Flößberg e. V.
Theresa Schmotz – Historikerin
Joachim Welz
Peter Lewkowitz – Geschäftsführer der Kreistagsfraktion DIE LINKE
Ansprechpartner für die Presse:
Frau Pfarrerin Claudia Wolf | Ev.-Luth. St.-Marien-Kirchgemeinde Borna | Tel. 03433–802185
Katrin Henzel | Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. | Tel. 0173–4272533
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